Fallopia baldschuanica

(Polygonum), Knöterich, Schlingknöterich, „Klettermaxe“, „Architektentrost“

Wuchernde Schlingpflanze für mittlere bis große Begrünungshöhen, winterhart, pflegeintensiv.

Fallopia baldschuanica (aubertii) ist auch noch unter dem veralteten Namen Polygonum sehr bekannt. Der deutsche Name Knöterich leitet sich von den im Alter regelmäßig Knoten (Verdickungen) bildenden Trieben her. Den Spitznamen „Architektentrost“ erhielt diese Kletterpflanze aufgrund der verbreiteten Meinung, sie könne optische Mängel eines Bauwerkes innerhalb kürzester zeit kaschieren. An dieser Stelle gestatte ich mir den Hinweis, dass Fassadebegrünung mit Kletterpflanzen grundsätzlich nicht primär dazu benutzt werden sollte, schnell und billig irgendetwastechnisch oder optisch Mangelhaftes zu verstecken. Das klappt – ebenso wie „Rosstäuscherei“ bei Gebrauchtwagen i. d. R. ohnenhin bestenfalls für kurze Zeiträume. Mit Fassadenbegrünung sollten grundsätzlich Qualitätsverbesserungen angestrebt werden.

Blüte und Nüsschen von Fallopia aubertii Knöterich, Schlingknöterich, (Polygonum)

Blüte und Nüsschen von Fallopia aubertii Knöterich, Schlingknöterich, (Polygonum)

Fallopia baldschuanica, aubertii Polygrün Kletterhilfen Fassadenbegrünung Schlingpflanzen

Fallopia aubertii an schmalen, großfeldrigen Polygrün-Kletterhilfen (Kletterleitern) in (überholter) Spanntechnik. (Anlage 1995, Foto 04.07)

Fallopia aubertii dominiert gegenüber Lonicera henryi und Parthenocissus. Fassadenbegrünung, Polygrün Kletterhilfe

Fallopia aubertii dominiert gegenüber abgestorbener Lonicera henryi und inzwischen extrem kümmerndem Parthenocissus. Kletterhilfe: GFK (Polygrün), Wandabstand 150 mm, Feldmaß 40 cm x 50 cm; Gesamtbreite 60 cm.

Lichtfliehender Wuchs (negativer Phototropismus) von Knöterich; hier  Vertikalfuge, Polygrün-Kletterstange GFK

Lichtfliehender Wuchs (negativer Phototropismus) von Knöterich; hier begünstigt durch eine verschattete Vertikalfuge direkt neben der unzulänglichen linearen Einzelaufleitung als Kletterhilfe (rechts im Bild)

Zweig- und Blattwerk des Slingknöterichs sind dicht, die Blätter eiförmig und etwa 8 cm lang. Ab Juni bilden sich an langen Rispen viele kleine weiße Blüten, die lange anhaften. Daraus bilden sich aber nur selten Früchte (Nüsschen). Obwohl diese hierzulande als unfruchtbar gelten, kann in Einzelfällen eine Aussaat von Schlingknöterich festgestellt werden. Im Herbst färben sich die Blätter gelb bis bräunlich.

Fallopia baldschuanica – Schlingknöterich – stammt aus China und Tibet, bzw. Zentralasien.

Knöterich ist sensibel gegenüber Trockenheit und Zug – beides zusammen verträgt er sehr schlecht. Er ist also keinewegs so robust wie vielfach behauptet, sondern verausgabt sich öfters und dann oft unerwartet. Z.B. sind sonnige, windexponierte Gebäudeecken sehr oft ungeeignete Standorte, insbesondere wenn diese obendrein im Regenschatten des Bauwerkes liegen. Deutlich bessere Standorte sind z.B Innenhöfe mit ausreichender Bodenfeuchte (Bewässerung).

Die Fachliteratur gibt für Fallopia eine hohe Winterhärte (umgerechnet -26° C) an, die zumindest ältere Exemplare sicher erreichen. Die Fassadenbegrünung des Hotels „Alpenblick“ in Braunwald, Schweiz belegt, dass die Art auch unter alpinen Bedingungen (ca. 1400 m über NN) zuverlässig wächst (Vergleiche Foto unten – Wuchshöhe um 16 m).

Bei sehr schnellem Wachstum – man muss unter günstigeren Standortbedingungen von „Wuchern“ sprechen – werden Höhen bis über 15 m bei nur etwa 8 cm Triebdurchmesser erreicht. Spitznamen wie „Klettermaxe“ oder gar „Architektentrost“ resultieren aus diesem Vermögen, sehr schnell zu wachsen und dabei auch sehr schnell breitere Flächen zu überdecken.
Die Angaben aus der Literatur zum Höhenwuchs reichen von ca. 8 bis 20 m. Für die erreichte Höhe dürfte – neben anderen Standortaspekten – die Struktur der Kletterhilfe sehr entscheidend sein. Vor allem Schlingpflanzen erreichen an hohen, optimal strukturierten Kletterhilfen sehr oft schneller größere Wuchshöhen als ältere Beobachtungen erwarten ließen.
Zur Ausnutzung des potenziellen Höhenwachstums ist es hilfreich, wenn die natürliche (und vitalitätsabhängige) Windebewegung möglichst wenig durch die Kletterhilfe beeinträchtig wird, aber gleichzeitig junge Triebe sehr schnell bleibenden Halt finden. Dafür und für eine gute Fächendeckung empfehlen sich Gitterstrukturen mit Feldweiten um 35 x 40 bis etwa 45 x 70 cm.

Der Schlingknöterich tendiert unter wuchernden Überhängen sehr schnell zum Aufkahlen und bildet deshalb viel Totholz. Deshalb empfehlen sich mindestens jährliche Rückschnitte, wobei der Winterschnitt zu erheblicher Einkürzung und zu gründlicher Auslichtung und Totholzentfernung genutz werden sollte. Der u.U. verzichtbare Sommerschnitt sollte einer eher oberflächlichen Kürzung und der Entfernung zu großer Überhänge dienen

Das Pflanzengewicht von Fallopia ist trotz des aufgrund Schlankheit der Triebe relativ geringen Holzanteils wegen der Gesamtmassebildung recht hoch anzusetzen. Hier empfehle ich dringend sich eingehender mit den evtl. heranwachsenden Lasten auf Kletterhilfen, Befestigungsmittel und Fassaden zu befassen. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass Bauherren im Laufe der Jahre immer dickere Pflanzenpolster tolerieren und Bewuchsdicken (Überhänge) >2 m in der Praxis eher normal als selten sind.
Da Knöterich sehr engastig wächst, ist ggf. eine erhöhte Sicherheit für Schnee- und Eislasten sinnvoll. Dies gilt vor allem für waagerecht Ausbreitungen, z.B. auf Pergolen. Hier halte ich selbst in schneearmen Lagen mindestens 0,2 kN/m² für angemessen – in schneereichen Gegenden entsprechend mehr. Bei vertikal orientierten Fassadenbegrünungen sind m.E. kleinere Zuschläge pro m² senkrechte Fläche vertretbar.

Da Knöterich sehr eng windet und offenbar durch Dickenwuchs trotz geringer Durchmesser hohe Drücke ausübt, dürfen die pflanzenverursachten Kräfte auf Kletterhilfen und Bauwerk nicht vernachlässigt werden. Sie können trotz der Schlankheit einzelner Triebe insgesamt ggf. Kräfte/Lasten im Bereich mehrerer kN (ggf. auch t [Tonnen]) verursachen. Knöterich darf unter diesem Aspekt als „Starkschlinger bezeichnet werden (Lesen sie dazu bei Interesse auch unsere allgemeinen Ausführungen über Kletterhilfen.)

Schlingknöterich bildet nach aktuellem Kenntnisstand unter allen Bedingungen zahlreiche lichtfliehende Triebe! Aufgrund des schnellen Wuchses rate ich daher – auch unter Hinweis auf die gerade genannten potenziellen pflanzenverursachten Kräfte dringend von der Verwendung vor Fassaden mit offenen Fugen ab.

Die Lebenserwartung von Fallopia aubertii (Polygonum) beträgt mit hoher Wahrscheinlichkeit >30 Jahre.

Hotel Alpenblick aktuell Gemeinde Braunwald Schweiz

Knöterich an der Fassade des Hotels Alpenblick, Braunwald, Schweiz. Installation der Kletterhilfen 1988, Foto 2007. Die Fassadenbegrünung am alpinen Standort belegt u.a. die Frosthärte von Fallopia.

Das Hotel Alpenblick – und damit ein ansehnliches frühes Referenzobjekt unserer Firma – fiel im Herbst 2009 einem Großbrand zum Opfer. Bisher vorliegende Filmaufnahmen des Schweizer Fernsehens zeigen andeutungsweise, dass die Fassadenbegrünung trotz extremer Hitze nicht Feuer gefangen, bzw. gebrannt hat. Sobald uns nähere Informationen darüber vorliegen werden wir über diesen Aspekt in einem eigenem Artikel berichten.

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